„Transition News“ berichtet über das WEFF Forum wie folgt:
Die Selbstabschaffung des Menschen
Wenn die vierte industrielle Revolution verwirklicht wird,
werden die Lebenden die Toten beneiden.
– Joseph Weizenbaum –
Liebe Leserinnen und Leser
Am 16. und 17. August fand das «Sommer-WEFF – das Forum für Wachstum für Erde, Frieden und Freiheit» in Davos statt – nicht zu verwechseln mit dem WEF in Davos! Die Ähnlichkeit des Namens ist jedoch beabsichtigt, handelt es sich doch um eine Veranstaltung in Opposition zum WEF. Mit dabei beim WEFF waren unter anderem der Manager und Autor Tom-Oliver Regenauer, die Patriarchatsforscherin Claudia von Werlhof und Ernst Wolff, Finanzökonom und Autor.
Eine Videoreportage von Transition TV zur Veranstaltung ist nun hier verfügbar. Schon veröffentlicht ist auch der Vortrag von Ernst Wolff über Künstliche Intelligenz und Finanzmacht.
Der Beitrag von Claudia von Werlhof stand unter dem Titel «Die Moderne als alchemistisches Kriegssystem». Zum selben Thema ist gerade auch ein zweiteiliger Beitrag der Autorin bei Manova erschienen. Dort heißt es:
«Alle Transhumanisten behaupten, dass Menschen sich mit Maschinen, Computern und dem Internet der Dinge oder Internet der Körper verbinden müssen, um dann auf eine neue Evolutionsstufe aufzusteigen und zum sogenannten Homo Deus (Harari 2017) zu werden — eine Art Gott-Mensch, der Teil der Gottmaschine ist, die nichts Geringeres als das Universum selbst darstellen soll.
(…)
Die vierte industrielle Revolution wird also die Welt mit ihren alchemistischen Wundern erfüllen, basierend auf der Zerstörung aller Materie bis hinunter in den Bereich der Quantenmechanik, und auf dem Weg zu immensen neuen Profiten — bis alles natürliche Leben durch seine Umwandlung zerstört und verbraucht ist.»
Transhumanismus und Digitalisierung, so ihre These, sind demnach nichts anderes als die Konsequenz einer langen Entwicklung einer Umkehr des Lebens: Patriarchat, Krieg und Kapitalismus folgen einer Logik der Zerstörung des Lebendigen, um es durch Maschinen, künstliches «Leben» und letztlich KI zu ersetzen:
«Der Maschinenfetischismus ist mit einem Glauben an Gewalt verbunden, der jedoch überhaupt nicht als solcher erkannt wird.
(…)
Die Digitalisierung aller Ausdrucksformen des Lebens basiert auf Nihilismus, Nekrophilie und Massenmord.»
Um etwas künstlich zu «verbessern» oder neu zu schaffen, muss es zunächst einmal zerstört, in seine Einzelteile zerlegt, also: getötet werden. Das Lebendige geht so zwar als solches verloren, aber es bleibt weiterhin die Basis und Voraussetzung für die künstliche Neuschöpfung, denn: Samen und Gene können nicht künstlich hergestellt werden.
«Sie existieren oder existieren nicht und können nur genutzt und verbraucht oder zerstört, aber nicht als solche geschaffen werden!»
Wie weit der heutige Technikfetisch reicht, lässt sich nicht zuletzt in der Arbeitswelt und im Bildungswesen beobachten: Mittlerweile wird ganz offen propagiert, dass echte Bildung von gestern sei und in (der imaginierten) Zukunft vor allem «Flexibilität, digitale Affinität und die Fähigkeit, sich schnell in neue Technologien einzuarbeiten», gefragt sind. So wird es derzeit vom Business Insider verbreitet. Das in diesem Zusammenhang gern verwendete Schlagwort vom «lebenslangen Lernen» kursiert indessen bereits seit mindestens 30 Jahren.
Ich erinnere mich noch, dass ich damit bereits im ersten Jahr am Gymnasium traktiert wurde – und es mir bereits damals idiotisch vorkam, aus einer trivialen Tatsache (Menschen lernen immer ihr Leben lang) einen Slogan mit diffusem ideologischen Impetus zu machen …
Was sich zunächst positiv anhört (Wer will sich nicht sein Leben lang weiterentwickeln und Neues lernen?), verschleiert jedoch die Tatsache, dass es sich dabei um einen Propagandabegriff der Bildungsindustrie handelt. Um Bildung im klassischen Sinn geht es dabei eben gerade nicht – denn diese wäre hinderlich für die gewünschte Flexibilität.
Worum es geht, ist erstens die komplette Abwertung bisheriger Schul-, Berufs- und Studienabschlüsse, sowohl formal als auch in Bezug auf finanzielle Ansprüche. Und zweitens um den damit einhergehenden Zwang, sich permanent «weiterzubilden» – nicht etwa eigenständig mit Büchern oder mittels eigener Forschung, sondern innerhalb eines Systems von Pflichtveranstaltungen, Zertifikaten und allerlei kostenpflichtigen Angeboten, in erster Linie aus dem Bereich der Tech-Industrie.
Das wiederum fügt sich genau in das Bild des Maschinenfetischismus, von dem Claudia von Werlhof spricht. Wenn die Jobs der Zukunft alle «fluide» und direkt mit der «Megamaschine» verbunden sind, Flexibilität wichtiger ist als Charakterfestigkeit, und «digitale Affinität» wichtiger als Menschlichkeit – dann kann man doch nur noch auf einen umfassenden Stromausfall hoffen. Auf dass die Menschen wieder zur Besinnung kommen!
Herzliche Grüße
Susanne Schmieden